Für eine belastbare Projektplanung ist es wichtig, alle Anforderungen eindeutig zu priorisieren. Und was tut man, wenn 80% aller Anforderungen Prio 1 haben?
Nur wenige Anforderungen an ein Projekt sind kontextfrei. Die meisten Anforderungen entstehen, um mit dem Projekt bestimmte Ziele zu erreichen. Daher erhalten so viele Anforderungen auch Prio 1 – sie sind wichtig für das jeweilige Ziel.
Wenn man alle Anforderungen an ein Projekt anhand ihrer absoluten Priorität sortiert, bringt dies für die Projektplanung wenig Gewinn. Denn wenn viele Anforderungen dieselbe Priorität haben, lassen sie sich in keine Reihenfolge bringen.
Welche Ziele verbergen sich hinter den Anforderungen?
Mehr Nutzen bringt es, zuerst alle (implizit oder explizit) mit dem Projekt verbundenen Ziele herauszufinden und auszuformulieren. Die meisten Anforderungen sollten sich dann einem dieser Ziele zuordnen lassen. Wenn sich (zu) viele Anforderungen keinem Ziel zuordnen lassen, verbergen sich dahinter vermutlich noch mehr unerkannte Ziele.
Nun muss man versuchen, die Ziele zu priorisieren und sie in eine absolute Reihenfolge bringen. Und zwar so, dass diese Reihenfolge der zeitlichen Abfolge der Umsetzung entspricht: Erst wenn ein Ziel erreicht ist, wird mit der Umsetzung des nächsten Zieles begonnen.
Ziele priorisieren
Spätestens, wenn man die Reihenfolge der Ziele mit allen Betroffenen abstimmt, treten wahrscheinlich Zielkonflikte zu Tage. Vielleicht möchte eine Produktmanagerin eine neue Version eines Produkts schnell mit wenigen, jedoch wichtigen Funktionen für die Bestandskunden veröffentlichen. Ein Vertriebsmitarbeiter hingegen wünscht sich vielleicht viele große Neuerungen, um damit weitere Kunden anzuwerben.
Solche Konflikte müssen gelöst werden. Da sie häufig politischer Natur sind, kann dies ein Projektleiter alleine nur schwer leisten. Hier ist das Management und sind die Geldgeber des Projekts gefragt.
Zielkonflikte lösen
Ein kompromissorientierter Lösungsansatz besteht darin, die Ziele in kleinere Einheiten aufzubrechen. Die Umsetzung jedes Teil-Ziels geschieht schneller; somit kann jeder Betroffene möglichst schnell zumindest einen Teil seiner Ziele erreichen. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass das Projekteam zunächst für den Vertrieb einige wenige sehr werbewirksame Funktionen umsetzt. Dann erhält die Produktmanagerin ihr gewünschtes Release, bevor erneut der Vertrieb an der Reihe ist.
Wichtig ist, dass die Reihenfolge der Ziele von allen Betroffenen akzeptiert wird und dass die Ziele nacheinander abgearbeitet werden. Dann hilft das Priorisieren nach Zielen, verdeckte Zielkonflikte zu erkennen und zu klären, bevor sie auf dem Rücken des Entwicklerteams ausgetragen werden.