15 Jahre als Freiberufler in der IT – eine Zwischenbilanz

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Meine 5 Gründe dafür, in der IT als Freiberufler zu arbeiten, sind auf viel Resonanz gestoßen. Mehrere Leser haben mich gefragt, wie man sich die Arbeit als Freiberufler vorstellen kann. Insbesondere: Wie findet man Projekte?

Da seit meinem ersten Projekt 15 Jahre vergangen sind, nehme ich das zum Anlass, eine persönliche Zwischenbilanz zu ziehen und auf diese Fragen einzugehen.

Als erstes möchte ich mich aber bei meinen bisherigen Kunden für die außerordentlich gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken! Denn ohne ihre Aufträge könnte ich nicht selbstständig arbeiten. Ich habe das Glück, zu jedem meiner Kunden einen guten Draht gefunden zu haben. Besonders freue ich mich darüber, dass viele meiner Einsätze Folgeaufträge waren, teilweise Jahre nach dem ersten Einsatz.

Was für Projekte mache ich?

Wenn ich nur „richtige“ Projekte zähle, also Kurzeinsätze und Beratungen weglasse, komme ich auf 23 Projekte bei 15 Endkunden. Im Schnitt lief jedes Projekt knapp acht Monate, wobei die Bandbreite von 3 bis 21 Monaten Projektdauer reicht. Am liebsten sind mir Projekte, die zwischen einem halben und einem ganzen Jahr dauern. Dann bleibt genug Zeit, sich tief in das Fachthema und die Technologien einzuarbeiten, aber ich komme auch zu ausreichend Abwechslung.

Bis auf wenige Ausnahmen kommt jeder meiner Kunden aus einer anderen Branche. Da ich mich technisch auf die Java-Plattform spezialisiert habe, bin ich fachlich für alles offen. Meine Erfahrung war bisher, dass ich selten länger als ein paar Tage gebraucht habe, um mich in die fachlichen Anforderungen eines neuen Projekts einzuarbeiten und produktiv zu arbeiten. Bei einer agilen Entwicklung ergeben sich die fachlichen Feinheiten sowieso erst im Laufe des Projekts.

Die meiste Zeit arbeite ich exklusiv für einen Kunden. Auch wenn ich zuletzt in zwei bzw. drei Projekten parallel gearbeitet habe, empfinde ich es angenehmer, mich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Es ist zwar möglich, im Laufe einer Woche mehrmals den Kontext zu wechseln. Man muss sich dann aber immer wieder neu in das jeweilige Projekt eindenken. Zudem ist es schwierig, eine verantwortungsvolle Rolle in einem Projekt einzunehmen, wenn man nicht zumindest 3-4 Tage die Woche in dem Projekt arbeitet.

Wie finde ich Projekte?

Die Akquise meiner Projekte läuft jedes Mal anders. Interessanterweise habe ich bis heute noch kein einziges Projekt über die meines Wissens größte deutsche Freiberufler-Börse Gulp vermittelt bekommen. Viel wichtiger waren mein Netzwerk und mein Internet-Auftritt.

Hier ein paar Beispiele, wie ich zu meinen Projekten gekommen bin:

  • Freunde haben mich ihren Kunden weiterempfohlen, wenn sie selber keine Zeit hatten.
  • Bekannte aus meinem Netzwerk haben über Statusmeldungen von mir gewusst, dass ich ein Projekt suche und diese Information weitergegeben.
  • Projektvermittler haben meine Homepage per Internetsuche gefunden und sich bei mir gemeldet.
  • Projektvermittler haben mein Profil auf Xing gefunden und sich bei mir gemeldet.
  • Ich habe mich auf öffentlich sichtbare Projektangebote gemeldet bzw. bei Stellenanzeigen gefragt, ob der Kunde auch Interesse an einem Freiberufler habe.

Wofür brauche ich ein Profil?

Die wichtigste Referenz für einen Freiberufler ist das eigene Profil. Wenige DIN A4-Seiten müssen ausreichen, um sich ansprechend zu präsentieren. Dazu gehört vor allem, die eigenen technischen Kenntnisse sowie die bisherigen Projekteinsätze zu beschreiben. Schwierig ist die Balance zwischen dem eigenen Wunsch, alle eigenen Fähigkeiten zu beschreiben, und dem Wunsch der möglichen Kunden, nur die jeweils wichtigsten Informationen zu lesen. Anstatt zum Beispiel jede Technologie aufzulisten, mit der man schon zu tun hatte, macht es mehr Sinn, nur diejenigen Technologien aufzunehmen, mit denen man auch in Zukunft arbeiten möchte. So vermeidet man es, unpassende Projektanfragen zu erhalten.

Im Laufe der Jahre hatte ich Projektanfragen von über 300 Firmen. Die meisten dieser Firmen dürften mein Profil noch in ihrer Datenbank haben, wenn auch häufig nur einen alten Stand. Deswegen lege ich die aktuellste Fassung meines Profils auf meiner Homepage ab, wo sie einfach heruntergeladen werden kann. Aus dieser Menge an Kontakten hat sich eine Gruppe von rund 30 Kontakten herauskristallisiert, mit denen ich versuche, in Kontakt zu bleiben. Das bedeutet, ich melde mich aktiv, wenn ich verfügbar werde. Und ich versuche, die Personen persönlich zu treffen, beispielsweise auf Messen.

Welche Aufgaben haben die Projektvermittler?

Seit den Gesetzesänderungen zur Scheinselbständigkeit Anfang der 2000er Jahre arbeitet kaum ein größeres Unternehmen direkt mit Freiberuflern. Die Brücke vom Endkunden zum Freiberufler bilden die Projektvermittler, die als Dienstleister passende Freiberufler suchen und dem Endkunden vorschlagen. Kommt eine Einigung zustande, schließt der Projektvermittler mit beiden Seiten separate Verträge und nimmt üblicherweise einen Aufschlag zum Stunden- oder Tagessatz.

In der Branche der Projektvermittler gibt es unterschiedliche Ansätze. Manche legen großen Wert darauf, die Freiberufler persönlich kennenzulernen, um ihre Stärken und Fähigkeiten gezielt bewerben zu können. Andere hingegen beschränken sich darauf, in ihrer Datenbank nach einem passenden Schlüsselbegriff zu suchen und allen Treffern eine Mail zu schicken. Trotzdem habe ich gute und passende Projekte über Vermittler gefunden.

Und wie geht es weiter?

Häufig höre ich die Frage, ob ich immer freiberuflich als Software-Entwickler arbeiten möchte. Ob mir als Familienvater nicht die Sicherheit fehle, schließlich werde ich ja älter. Ich weiß nicht, was ich in der Zukunft wirklich machen werde. Aber mir macht es viel Spaß, gute Software zu entwickeln, und freiberuflich geht das für mich am besten. Somit kann ich mir sehr gut vorstellen, die nächsten 15 Jahren (und darüber hinaus) als Freiberufler in Projekten zu arbeiten. Und wenn nicht, then I’ll make another plan!

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